Kaffeepause mit …
Clemens Feigl, Co-Founder everwave
Wie trinkst du deinen Kaffee?
Mit viel Milch, laktosefrei oder Hafer. Wobei einer pro Tag das Maximum ist, sonst bekomme ich Herzrasen.
Wer oder was inspiriert dich?
Ich bin nicht so ein großer Fan von Vorbildern. Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. In der Jugend fand ich Leyton Hewitt (nur die Tennisfans werden ihn kennen) beeindruckend. Er war sicher nicht der talentierteste Spieler, aber seine Disziplin und der Wille war unschlagbar.
Ansonsten finde ich emphatische und aufmerksame Menschen inspirierend. Trotz all der Ablenkungen heutzutage, einem Menschen bewusst zuzuhören und sich in seine Lage zu versetzen, ist eine große Gabe.
Was war für dich eine große Herausforderung in letzter Zeit?
Als Moderator war ich in den vergangenen Jahren ungefähr 150 Tage im Jahr unterwegs. Die Abwechslung sowohl inhaltlich als auch örtlich ist ein großes Plus in dem Beruf. Mich jetzt auf einen „Arbeitsalltag“ einzustellen, war nicht so einfach.
Du bist sowohl Moderator und Journalist, als auch Co-Founder der Umwelt-Organisation everwave – wie teilst du dir deine Zeit ein? Und wünschst du dir manchmal, dich mehr auf das Eine oder das Andere fokussieren zu können?
Vor everwave, das war vor ungefähr vier Jahren, war der Fokus ausschließlich die Moderation. Die Arbeit für everwave kam eher nach und nach. Zuerst ehrenamtlich für ein paar Stunden die Woche bis aktuell quasi rund um die Uhr. Durch Corona ist der Fokus ganz automatisch auf meine Arbeit bei everwave übergegangen, weil viele Veranstaltungen nicht mehr stattfinden. Für das Unternehmen und für mich ist das aber gerade genau das Richtige, weil wir im letzten Jahr dadurch tolle Erfolge feiern konnten und auch in 2021 wachsen wollen.
Die Zielsetzung von everwave hat sich über die Zeit verändert. Ursprünglich hattet ihr geplant, eine Plattform im Great Pacific Garbage Patch – dem größten Müllstrudel der Welt – zu konstruieren. Mittlerweile ist eure erklärte Mission, das Plastik schon am Eintritt in die Meere zu hindern. Warum dieser Fokuswechsel?
Das hat mehrere Gründe. Aus biologischer Sicht ist es sehr umstritten, ob die Entnahme von Plastik auf dem offenen Ozean mehr nutzt als schadet, weil das Material Teil des Lebens geworden ist. Außerdem ist der Anteil, den wir in den Strudeln an der Oberfläche sehen nur ein sehr kleiner Teil dessen, was in die Ozeane eingetragen wird. Der Rest ist bis dahin abgesunken und verloren.
Der zweite Grund ist das Thema Kosten/Nutzen. Um Cleanup-Systeme auf dem offenen Ozean zu etablieren, braucht man unglaublich große Ressourcen und der Erfolg ist überschaubar. Alleine die Logistik des Mülls bis zur Küste kostet viel Energie und verursacht sehr hohe Kosten.
Unser Ziel bei everwave ist es, den Kreislauf zu schließen. Das heißt, wir wollen das Plastik nicht „nur“ aus dem Wasser holen, sondern wieder in den Kreislauf zurückbringen. Im Idealfall können aus dem gesammelten Material neue Produkte geschaffen und so die Produktion von weiterem Plastik verringert werden. Je früher wir das Plastik aus den Gewässern holen, desto besser ist die Qualität und umso leichter können wir es wieder nutzen. Auch deshalb fokussieren wir uns auf Flüsse, Seen und Staudämme.
Was unterscheidet euch von anderen, ähnlichen Organisationen wie zum Beispiel „The Ocean Cleanup“?
Witzigerweise hören wir diese Frage sehr oft, gerne auch mit der Ergänzung: „Das ist doch euer Konkurrent.“ Darauf kann ich nur mit einem ganz klaren „Nein“ antworten. Wir wollen eines der größten Probleme unserer Zeit lösen. Es wäre vermessen zu sagen, dass wir das alleine schaffen werden. Jedes Unternehmen hat sich auf bestimmte Bereiche fokussiert und das ist gut so.
Im Gegensatz zu anderen Organisationen verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Das heißt wir schließen den Mensch sehr bewusst in die Problemlösung mit ein. Nur wenn wir grundsätzlich unser Konsumverhalten im Bezug auf Plastik ändern, werden wir diese Herausforderung bewältigen. Das tun wir auch über Bildungsarbeit und Kampagnen.
Auch bei den Technologien gehen wir einen anderen Weg. „The Ocean Cleanup“ beispielsweise setzt auf Hightech, die dann auch entsprechend kostspielig ist. Wir konstruieren unsere Technologien so, dass sie möglichst an jedem Ort der Welt einsetzbar sind und dann auch von den Menschen vor Ort betrieben werden können. Das war immer unser Ziel, denn nur so werden wir Akzeptanz bei der Bevölkerung schaffen. Das gilt sowohl für den Preis als auch die Bedienung.
Euer neues Boot „CollectiX“ ist mit KI ausgerüstet. Wozu braucht es künstliche Intelligenz beim Müll sammeln?
Die KI ist ein ganz entscheidender Teil, um den Kreislauf komplett darzustellen und dann zu schließen. Mit unserem Partner, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, sind wir in der Lage, über Drohnenaufnahmen ein Lagebild zu erstellen, d.h. wir wissen genau, wo wieviel Müll in den Gewässern ist. Dadurch können wir die Einsätze so effizient wie möglich gestalten.
Der zweite Schritt sind Kameras an Board von CollectiX. Über die Bilderkennung können wir genaue Aussagen treffen, welche Art von Müll wir gesammelt haben. Ein Beispiel: 300 Kilomater flussaufwärts findet jedes Jahr ein großes Volksfest statt, auf dem immer die selben Plastikbecher verwendet werden. Wenn wir diese dann sammeln, können wir auf den Veranstalter zugehen und mit ihm gemeinsam an der Problemlösung arbeiten. Gleiches gilt natürlich auch für Unternehmen. Wenn der Müll einem Hersteller klar zugeordnet werden kann, werden wir diesen kontaktieren und versuchen, ihn von Alternativen zu überzeugen. Sozusagen positiver Druck.
Welchen gesellschaftlichen Wandel würdest du dir wünschen?
Ich finde es bedenklich, dass wir in vielen gesellschaftlichen Bereichen mehr übereinander als miteinander sprechen. Gerade in der Umweltschutzbewegung, zu der wir im weitesten Sinne auch zählen, wird häufig mit Schuldzuweisungen gearbeitet. Das kann ein erster Schritt sein, lösen wird es die Probleme aber nicht. Für uns ist es wichtig Veränderung durch positive Gefühle auszulösen. Nur wenn wir lernen das Meer zu lieben, werden wir es noch bewusster wahrnehmen und schützen. Deshalb haben wir uns auch ganz bewusst dazu entschieden, mit jedem zu sprechen, der wirklich etwas verändern will. Dazu gehören natürlich auch die Produzenten, denn nur wenn wir die mitnehmen, werden wir nachhaltig Erfolg haben.
Wenn du die Möglichkeit hättest, das nächste große Cover einer weltweit aufgelegten Zeitschrift zu entwerfen, was würdest du drauf machen?
Bei Twitter hat vor Kurzem ein Bild von einer Schneeeule im Central Park in New York für relativ viel Aufsehen gesorgt. Mich hat das irgendwie berührt, weil es für mich impliziert, dass die Natur in der Lage wäre sich zu erholen, wenn wir ihr nur den Platz einräumen. Das wäre mein Cover.
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