Kaffeepause mit …
Dr. Stefan Brieschenk, COO Rocket Factory Augsburg
Wie trinkst du deinen Kaffee?
Bitte keinen Kaffee. Stilles, reines Wasser ist das einzige Getränk, nach dem ich mich frisch und wohl fühle. Andere Getränke trinke ich kaum.
Was machst Du morgens als erstes?
Meine erste Morgenaktivität ist Sport – in erster Linie Kraftsport, aber auch oft Ausdauersport in Verbindung mit anschließender Meditation. So komme ich frisch und konzentriert in den Tag und kann durchstarten.
Wo kannst Du am besten arbeiten?
In der Mitte des Großraumbüros, unter meinen Leuten.
Wann bist Du nicht erreichbar?
Für mein Team bin ich 24/7 erreichbar, auch mitten in der Nacht. Denn egal ob Frage, Erfolgs- oder Rückschlagsmeldung: Es bedeutet, dass es vorwärts geht.
Von wem oder was wirst Du inspiriert?
Irgendjemand oder irgendetwas hat das alles hier erstellt und konstruiert und wir haben viel zu wenig Daten und viel zu wenig Wissen darüber. Dieser Umstand inspiriert mich. Wir als Menschheit müssen gemeinsam und koordiniert diesem Unwissen begegnen und mehr Wissen und Fortschritt erzeugen.
Lieblingsspielzeug – früher und heute?
Ich mag komplexe, gefährliche und riskante Objekte und Werkzeuge. Wenn ich ein bisschen freie Zeit zur Verfügung habe, dann verbringe ich diese nicht immer mit Raketenmotoren, sondern auch oft mit einem Schweißgerät oder einer Flex, um irgendetwas aus meinen Gedanken heraus zu bauen. Das fordert mich heraus und macht mir Spaß – auch wenn es bei uns Jungs und Mädels gibt, die das viel, viel besser können als ich.
Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß? Und was sind die größten Herausforderungen?
Riesigen Spaß macht es, die Früchte zu sehen, die unsere harte, komplexe und zeitaufwändige Arbeit zu tragen anfängt. Das habe ich mir immer erhofft, aber nie erwartet. Wir bauen eine absolut fantastische Rakete RFA ONE – hier in Augsburg, mit Leuten aus der ganzen Welt.
Eine meiner größten Herausforderungen ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem diese Leute auch langfristig hier bleiben und sich selbst verwirklichen können.
Unsere – und meine – primäre Herausforderung ist es aber natürlich, eine Rakete zu bauen, die mit hoher energetischer und finanzieller Effizienz Satelliten in den Weltraum bringt – Satelliten, die uns dabei helfen, unseren Planeten zu verstehen und zu schützen.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Ich starte den Tag immer ausgeschlafen. Dann geht es in viele Meetings, in denen strategische Impulse und technische Vorschläge diskutiert und Entscheidungen getroffen werden. Dabei schwebt über allen der Ansporn, innovativ und schnell sein zu müssen – die USA und China sind uns beispielsweise im Bereich „Weltraum“ schon weit voraus und wir müssen aufholen.
Am Abend, wenn die meisten Leute schon weg sind, habe ich die Zeit um nachzurechnen, neu zu konstruieren, zu skizzieren, in Ruhe abzuwägen und einzuschätzen, Dinge nachzuvollziehen und auch zu überprüfen. Zuhause lasse ich den Tag dann manchmal in meiner Werkstatt ausklingen und bastele noch ein bisschen.
Wie bist du zum Raketenhandwerk gekommen? Und was motiviert dich an dem Feld?
Wir brauchen Antworten. Antworten auf die einfachsten Fragen: wo kommen wir her? Wie hängt alles zusammen? Wo geht es hin? Wir haben nicht die leiseste Ahnung und richten unseren Fokus oft gegeneinander, dabei ist der eigentliche Gegner unser Unwissen.
Die Raumfahrt und Daten aus dem Weltraum können Wissen generieren, das die Beantwortung dieser Fragen erlaubt, unseren Planeten schützt und der Menschheit als ganzes den nächsten Entwicklungsschritt möglich macht. Daher brenne ich für das was wir und ich tun.
Die Rocket Factory ist ein Start-up. Wo merkt man bei euch, dass man in einem Start-up arbeitet?
Das Erlebnis RFA ist ein ganz außergewöhnliches. Ein Jahr bei der RFA ist sicherlich so erlebnisreich wie 10 Jahre in einem etablierten Unternehmen. Wir entwickeln, bauen, testen und iterieren im Überholtempo. Das spiegelt sich wieder in den Verantwortlichkeiten, den einzelnen Karrieren und im allgemeinen Spirit. Wir denken und handeln schnell und dynamisch. Wir suchen übrigens immer nach Talenten in den verschiedensten Bereichen!
In unserem letzten Interview haben du und Jörn Spurmann uns von dem RFA ONE Launcher erzählt. Wie läuft da die Entwicklung?
Die Entwicklung läuft gut. Wir haben unser Helix Triebwerk erfolgreich getestet und bauen gerade die Flugkonfiguration. Parallel haben wir dieser Tage eine neue erste Stufe empfangen und werden sie nun für verschiedenen Tests vorbereiten. Wir sind weiterhin auf einem guten – wenn auch ambitionierten – Weg für einen Start Ende 2022.
Auf welche Erfindung könntest Du nicht mehr verzichten?
Absolut keine – jede Erfindung hat uns weitergebracht. Unser ganzer Wohlstand und Fortschritt basiert auf Erfindungen – nicht nur technischen, sondern auch sozialen. Ich finde, dass die Menschheit einen noch stärkeren Fokus auf Erfindungen und Innovation benötigt.
Welche Projekte möchtest du in Zukunft noch angehen – Privat oder beruflich?
Das verrate ich jetzt noch nicht, aber haltet euch fest und macht euch auf etwas gefasst!
Was ist ein Trend, der dich zurzeit fasziniert?
Meine Faszination (aber auch mein Bedenken) gilt der neuen technokratischen Weltordnung. Wer neue Technologien erfindet und in aggressiver Weise in die Welt setzt – dem scheint die Welt und der Wohlstand zu gehören. Die USA mit Silicon Valley, aber auch China sind gute Beispiele. Das ist rasanter Fortschritt, aber wir müssen auch aufpassen, dass er in die richtige Richtung geht.
Wenn du die Möglichkeit hättest, das nächste große Cover einer weltweit aufgelegten Zeitschrift zu entwerfen, was würdest du drauf machen?
„Helix – the world’s most advanced rocket engine pushing half-a-million horsepower – made by RFA at the cost of a car engine.”
Stefan Brieschenk ist am 11.Mai 2022 als Speaker auf dem Rocketeer Festival. Wenn du dich von ihm inspirieren lassen willst, sichere dir jetzt dein Ticket.