Kaffeepause mit …
Gründer Burak Mahir Kücük
Wie trinkst du deinen Kaffee?
Als einfachen Espresso oder auch gerne als Flat White – beides ohne Zucker.
Kannst du dich und deinen Werdegang kurz vorstellen?
Ich bin gebürtiger Augsburger und lebe hier in dritter Generation. Unsere Großeltern kamen Anfang der 60er Jahre als türkische Gastarbeiter aus Istanbul und Antalya hierher. Meine Oma, die noch immer in Augsburg lebt, arbeitete beispielsweise im Glaspalast für die Baumwollspinnerei SWA. Sie erzählt uns oft Geschichten von ihrer Ankunft in Deutschland und den Anfängen. Mich berührt es sehr und macht mich sogar stolz, hier in Augsburg zwischen zwei Welten und Kulturen leben zu dürfen. Bis vor kurzem fühlte ich noch nicht so. Nach meinem Studium wollte ich eigentlich weit weg von hier, Bayern und Deutschland. Ich hatte das Spießertum wirklich satt. Nach Aufenthalten in München, Berlin oder Delhi stellte sich irgendwann heraus, dass ich hier durch eine sehr große Familie und einen noch größeren Freundes- und Bekanntenkreis zu stark verwurzelt war. Also blieb ich doch hier. Ohne die Nähe zu ihnen käme ich vermutlich auch nicht klar. Trotzdem finde ich es hier weiterhin extrem spießig. Sogar Oberhausen ist zu einem gewissen Grad verhältnismäßig spießig geworden. Damit werde ich mich vermutlich nie anfreunden können.
Was ist ein Thema, das dich zurzeit fasziniert und warum?
Da gibt es natürlich viele Dinge, doch aktuell beeindruckt mich der gesellschaftliche Wandel, der für mich gefühlt rasend schnell voranschreitet, am meisten. Ich kann das nicht genau benennen. Es ist mehr ein Gefühl, ein positiver Vibe, den ich verspüre. Ein kurzes Beispiel: Die Generation meiner Eltern versuchte den Deutschen in ihrem Tun und Handeln stets zu gefallen. Sie achteten sehr darauf, alles richtig zu machen. Wenn ich mir heute deren Enkelkinder anschaue, spielt das keine Rolle mehr. Sie sind vielmehr ein selbstverständlicher Teil dieser Gesellschaft und prägen durch ihre Migrationsgeschichte wesentlich die Kultur unseres Landes. Das fällt mir besonders bei Mode, Sprache und Popkultur auf.
Du bist Mitglied bei dem Verein Generation Aux, der sich für die Verwirklichung von sozialen und kreativen Projekten in Augsburg einsetzt. Welche Projekte und Themen liegen dir besonders am Herzen? Warum engagierst du dich?
In den vergangenen Monaten arbeiteten wir intensiv an einem Projekt, um Erstwähler:innen und junge politikverdrossene Menschen für die Bundestagswahl zu begeistern. Zum Endspurt des Bundestagswahlkampfes starteten wir anschließend als Teil des bundesweiten Netzwerks „UNMUTE NOW“ eine Wahlaktivierungskampagne. Die Kampagne umfasste beispielsweise Plakataktionen im öffentlichen Raum, welche von einer Social-Media-Kampagne in der relevanten Zielgruppe begleitet wurde. Dabei wurden wir als eine von 30 Initiativen von UNMUTE NOW gefördert, da wir ähnliche Interessen verfolgen und deren Ansatz perfekt in das Profil von Generation AUX passt.
Ich kann den genauen Antrieb für mein Engagement nicht konkret erklären. Der ist einfach da. Ich beobachtete beispielsweise über längere Zeit die Arbeit des Kulturbeirats der Stadt Augsburg und war irgendwie fasziniert von der eigentlichen Aufgabe des Gremiums. Ich wusste, ich muss da früher oder später mitmachen. Seit kurzem bin ich ihr neustes Mitglied.
Was würdest du dir für Augsburg und seine Zukunft wünschen?
Ich stelle mir Augsburg als eine vorwärtsgewandte, diverse und progressive Stadt vor. Als eine Stadt, die Lösungen entwickelt und an der sich andere ein Beispiel nehmen. Als eine selbstbewusste Stadt mit Mut zu weniger „Law & Order“. Ich glaube, wir haben aktuell auch viel Raum dafür. Nur sehe ich leider nicht überall die richtigen Personen in den dafür wichtigen Schlüsselpositionen sitzen, um die Gleise zu legen.
Du bist schon sehr lange Selbstständig. Wünschst du dir manchmal, du hättest ein ganz klassisches Angestelltenverhältnis? Was sind die Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit?
Ich bin jetzt auch nicht der klassische Selbständige. Ich habe beispielsweise keine Mitarbeiter. Aber ja, natürlich denke ich hin und wieder über den Luxus des Angestelltenverhältnisses nach. Besonders in den letzten 18 Monaten hat mich das extrem beschäftigt und auch belastet. Das waren wirklich turbulente Zeiten. Ich trennte mich von insgesamt drei Geschäftspartnern und war für kurze Zeit regelrecht orientierungslos.
Eigentlich schwor ich mir einst, mich niemals wieder für eine Anstellung zu bewerben. Den Schwur brach ich inmitten des zweiten Lock-Downs und schrieb eine einzige Bewerbung für ein Stelle mit Nähe zur Politik. Im Nachhinein bin ich aber sehr froh, dass ich nicht mal eine Antwort erhielt.
Events, Mode, Spirituosen: Du hast Projekte aus vielen verschiedenen Branchen verwirklicht. Wo fühlst du dich am wohlsten?
Ich mag es mehrere Dinge gleichzeitig zu machen, weil es schnell langweilig wird, wenn ich mich über paar Tage hinweg mit ein und der selben Sache beschäftigen muss.
Ich liebe es eigene Events zu veranstalten, weil ich da viele Freunde gleichzeitig antreffe und immer wieder Neues ausprobieren kann. Außerdem lerne ich dabei superschnell neue interessante Leute kennen. Das bietet mir die Möglichkeit, nachhaltig gute und fruchtbare Beziehungen aufzubauen.
Mode ist immer noch ein großes Thema in meinem Leben, hat aber nicht mehr Stellenwert eines nachhaltiges Business-Cases. Ich werde sicher wieder kleinere Projekte für mich umsetzen, aber aktuell fehlt mir da die Muse. Dennoch arbeite ich zurzeit an zwei verschiedenen Kundenaufträgen und entwickle da jeweils kleine Kollektionen mit Merch-Charakter.
Das nachhaltigste Projekt ist ganz klar Habibi Raki zusammen mit Christoph. Dem Ganzen widme ich auch meinen Fokus. Es ist ein wesentlich einfacheres Business Case. Beispielsweise musste das Produkt im Gegensatz zu allen anderen Projekten und Produkten, die ich bisher umsetzen durfte, nur einmal entwickelt und im Markt eingeführt werden. Das ist ein ganz neues Gefühl für mich. Ich habe keinen Druck, sofort das nächste Ding machen zu müssen. Jetzt geht es halt mehr um Präsenz im Handel und Sichtbarkeit in der Gastronomie. Wir müssen nur einmal den Platz im Regal finden und können anschließend nachhaltig davon profitieren.
Wenn du die Möglichkeit hättest, das nächste große Cover einer weltweit aufgelegten Zeitschrift zu entwerfen, was würdest du drauf machen?
100 tanzende Babies inmitten eines abgebrannten Waldes.