Kaffeepause mit …
Organisationscoach und New Work Vordenker Markus Väth
Markus Väth ist Gründer und Geschäftsführer der auf New Work spezialisierten humanfy GmbH und Verfasser der New Work Charta, die sich für eine klare, humanistische und soziale Version von New Work einsetzt. Er hat mehrere Bücher sowie über hundert Presse-, Radio- sowie TV-Features zu New Work und Management verfasst und ist Lehrbeauftragter für New Work und Organisationsentwicklung an der Technischen Hochschule Nürnberg. Mit seinem Ansatz des Organisationscoachings begleiten er und sein Team von humanfy Unternehmen in ihrer Transformation hin zu echtem New Work und einer neuen Arbeitswelt. Uns hat er erzählt, was New Work eigentlich ausmacht , warum viele den Begriff missverstehen und wie die soziale Seite der Arbeit aussieht.
Wie trinkst du deinen Kaffee?
Dreifacher Espresso mit einem Schuss Milch, davon allerdings maximal drei Tassen am Tag.
Arbeitest du zurzeit im Homeoffice?
Ja, fast ausschließlich. Unsere Team-Meetings halten wir aber, wenn möglich, live in unserem Coworking-Space ab. Die Atmosphäre ist einfach anders, und man ist schneller kreativ.
Was hilft dir dabei, fokussiert zu bleiben?
Ich schalte möglichst alle auditiven und visuellen Benachrichtigungen an Handy und Laptop ab.
Hast du einen Buch- Podcast- oder Blogtipp für uns?
Zur Zeit höre ich sehr gern den Podcast „Human Place“ von Henrik Zaborowski. Straight und persönlich aufbereitet, das mag ich. Und natürlich auch unseren eigenen Podcast „New Work Works“: Wir interviewen die New Worker von nebenan, die mit viel Herzblut und Inspiration New Work zum Fliegen bringen.
„New Work“ ist zurzeit ein sehr beliebtes Buzzword – Was genau macht deiner Meinung nach den Begriff aus?
Wir bei humanfy haben New Work in unserer New Work Charta folgendermaßen definiert: „Jenseits isolierter Maßnahmen und Einzelmethoden konzentriert sich die Essenz von New Work in fünf Prinzipien, die sich im unternehmerischen Alltag widerspiegeln: Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung und soziale Verantwortung.“
So versuchen wir, die Ursprünge von New Work, die durch den Philosophen Frithjof Bergmann in den 1980ern geprägt wurden, zu erhalten und für die moderne Wirtschaft nutzbar zu machen. Denn New Work war nie für die Wirtschaft gedacht – das weiß nur kaum jemand. Bergmann selbst hat vieles, was Unternehmen in Sachen New Work versuchen, „Lohnarbeit im Minirock“ genannt.
New Work wird heute auf alles mögliche draufgepappt. Das nervt und erschwert den Zugang zum Thema, weil es Missverständnisse bei Menschen und Unternehmen auslösen kann, die New Work ausprobieren. Ich beschäftige mich seit fünfzehn Jahren mit dem Thema, und mittlerweile ist es uns mit der New Work Charta gelungen, viele Menschen und Unternehmen zu inspirieren und ihnen einen konzentrierten Zugang zu New Work zu ermöglichen.
Welche Trends der Arbeitswelt sollte man zurzeit nicht verpassen?
Nach dem Hype um Homeoffice und Digitalisierung wird man sich 2021 darauf besinnen, dass Arbeit auch eine soziale Seite hat. Es wird ein „Revival der Präsenz“ geben und Unternehmen werden sich bewusst – und nicht kritiklos wie jetzt – mit der Frage auseinandersetzen, für welche Bereiche und Jobs Homeoffice tatsächlich Sinn macht und wie wir Büroflächen intelligent und wertschöpfend einsetzen können. Momentan haben viele Unternehmen die Dollarzeichen in den Augen, weil sie denken: Büroflächen sparen = Geld sparen. Aber so einfach ist es nicht. Was ist mit den digitalen Investitionen, den Verlusten an Zusammenhalt und Innovation im Team (worauf einige Studien hinweisen), bis hin zu den Veränderungen im Stadtbild? Das alles müssen wir gemeinsam bedenken: die Unternehmen, die Bürger und auch die Politik.
Wie glaubst du wirkt sich die derzeitige Pandemie auf die Arbeitswelt aus?
Zum einen ist das Thema Digitalisierung jetzt „durch“. Wir haben gesehen, dass Homeoffice technisch funktioniert, und wir haben kollektiv digitale Hemmschwellen abgebaut. Zum anderen müssen wir jetzt massiv in Weiterbildung und Upskilling der arbeitenden Bevölkerung investieren. Ich persönliche rechne mit einem Anstieg von Insolvenzen im Herbst und langfristig schwächelnden Branchen wie Automotive, Tourismus, Luftfahrt oder Textilindustrie. Die dann enltassenen Menschen müssen wir auffangen, damit keine Kettenreaktion aus Jobverlust, platzenden Krediten und gesellschaftlichem Abstieg entsteht. In den USA beispielsweise sind bereits 14 % aller Haushalte, die zur Miete wohnen, akut von Zwangsräumung bedroht.
Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus?
Das New-Work-Barometer 2020 hat deutlich gezeigt, dass Autonomie von Arbeitsplatz und Arbeitszeit, kombiniert mit einer Empowerment-orientierten Führung, einen echten Unterschied in der Performance machen. Unternehmen wären daher gut beraten, diese und einige weitere New-Work-Konzepte für die Gestaltung von Arbeitsplätzen zu berücksichtigen. Aber wir dürfen nicht vergessen: Nur etwa 50 % aller Jobs in Deutschland haben Büro-Charakter. Für den Rest bleibt der Arbeitsplatz die Ladentheke, die Fabrikhalle oder das Cockpit.
Wenn du die Möglichkeit hättest, das nächste große Cover einer weltweit aufgelegten Zeitschrift zu entwerfen, was würdest du drauf machen?
Das Raute-Zeichen (#) – weil wir zunehmend in Hashtags denken und kommunizieren. Wir verschlagworten die Welt und reduzieren damit Komplexität. Die Raute ohne Wort dahinter ist die maximale Reduktion und gleichzeitig sinnlos.
Du willst dich mit Markus vernetzen? Hier lang.