Kaffeepause mit …
Tobias Seemiller, Gründercoach und Projekt- & Accelerator-Manager beim DZ.S
Erst Gründer, dann Coach: Tobias Seemiller gibt im digitalen Zentrum Schwaben (DZ.S) seine Erfahrungen an Gründer:innen weiter. 2012 bekam er das EXIST-Gründerstipendium und gründete die Agentur Neonpastell. Heute ist er als Projekt- und Accelerator-Manager beim DZ.S nach wie vor für Innovation zuständig.
Wie trinkst du deinen Kaffee?
Morgens mit Sojamilch und sonst als Espresso.
Was ist ein Thema, das dich zurzeit fasziniert?
Die jetzige und die zukünftige Bedeutung von sozialen Netzwerken und persönlichen Daten – und der unbedarfte oder fast schon naive Umgang damit von vielen Nutzern. Ich bin sehr gespannt, was in Zukunft in diesem Bereich auf uns als Gesellschaft zukommt. Virtuelle Communities bieten besonders in Pandemiezeiten riesige Chancen, aber auch die Möglichkeit Menschen, Gruppen oder Gesellschaften über Social Profiling zu beeinflussen. Manchmal bin ich mir nicht sicher, in welche Richtung das kippt und schon längst gekippt ist. Gerade dieses Spannungsfeld fasziniert mich und ich hoffe wir nutzen es in Zukunft noch besser.
Du bist selbst Mitgründer der Design & Digitalagentur Neonpastell. Was hat dich diese Zeit gelehrt? Gibt es Dinge, die du jungen Gründer:innen aus eigener Erfahrung mitgibst?
Motivation. Fokus. Team.
Was motiviert euch an eurem Gründungsvorhaben? Geht in euch und überlegt euch gut, ob euch euer Vorhaben so sehr am Herzen liegt, dass ihr vieles andere dafür hintenanstellt.
Verzettelt euch nicht: überlegt euch genau auf welche Themen ihr euch fokussieren möchtet. Viel hilft in diesem Falle nicht viel – ihr benötigt ein klares an eure Kunden angepasstes Angebot.
Sucht euch ein hervorragendes Team, dass diese Leidenschaft teilt. Es sollte sich nicht nur fachlich gut ergänzen, sondern auch auf persönlicher Ebene bestens zusammenpassen.
Ein befreundeter, sehr erfahrener Unternehmer hat mir bei unserer eigenen Gründung immer gesagt: „Ein Unternehmen gründen ist wie heiraten!“. Klingt nach Bierzelt-Weisheit und ganz so würde ich das jetzt nicht selbst formulieren, aber ein gutes Team ist Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg.
Wir hatten bei Neonpastell immer ein sehr gutes Miteinander, egal ob Gründer, Mitarbeiter:in, Praktikant:in oder Werkstudent:in, jeder war uns wichtig, als Mensch nicht nur als Mittel zum Zweck. Ein zufriedenes, gut eingespieltes Team löst auch extreme Herausforderungen. Darum kümmert euch auch um die oft unsichtbaren Bestandteile eines Unternehmens, wie die Unternehmenskultur, eure Werte, eure Vision und das Teamklima.
Wieso hast du dich entschieden, nach deiner eigenen Gründung beim Digitalen Zentrum Schwaben (DZ.S) anzufangen?
Mich treibt die Frage: Wie kommt das Neue in die Welt? Und wie können wir es nutzen, um unsere Welt besser zu machen?
Ich habe Kommunikationsdesign an der Hochschule Augsburg und in Italien studiert und irgendwie hat mir da einfach noch etwas gefehlt. Ich wollte mehr bewegen und verstehen, wie man Ideen auf die Straße bringt. Also habe ich während meiner eigenen Tätigkeit als Unternehmer berufsbegleitend ein MBA Studium an der Alanus Hochschule bei Bonn absolviert. Während meinem Studium habe ich mich sehr stark mit Themen wie Innovations-, Sustainability- und Wissensmanagement auseinandergesetzt. So kam eins zum anderen: Kreativität und betriebswirtschaftliches Know-How – das ist einfach mein Ding – und das hat dann Innovation oder eben Entrepreneurship ergeben.
Irgendwann dachte ich, was gibt es besseres als engagierte Menschen dabei zu begleiten ihr Ding zu machen? Das war dann der Zeitpunkt um zu springen und etwas Neues zu beginnen.
Was ist dein Lieblingsprojekt, das du beim DZ.S mit umsetzen durftest?
Ich darf mein Lieblingsprojekt zum Glück immer noch und hoffentlich noch lange umsetzen. Unser Accelerator Programm nowtonext. Das ist ein sechsmonatiges Intensivprogramm für digitale Gründer:innen aus der Region Augsburg. Das Ziel ist dabei, das Geschäftsmodell der Teams maßgeblich zu verbessern. Bestenfalls haben die Startups nach Ende der Laufzeit den Markteintritt hinter sich und sind bereit für eine Finanzierung.
Wir sind gerade mit den drei Teams qbilon, credium und FarmAct mitten in der ersten Runde, die wir im Juli beim öffentlichen Demo-Day abschließen werden. Anschließend starten wir gleich mit der nächsten Runde von Juli bis Dezember.
Das ganze Programm ist für mich super spannend. Ich kann dabei die Gründer:innen sehr eng und persönlich begleiteten. Mich fasziniert dabei generell dieser Prozess, wie die Teams aus einer bloßen Idee ein klug durchdachtes und belastbares Geschäftsmodell formen und dann als Unternehmen damit durchstarten. Das ist Innovation in einer sehr reinen Form – megagut!
Wohin kann man sich wenden, wenn man einmal in die Augsburger Gründerszene „reinschnuppern“ möchte
Für Interessierte mit digitalem Geschäftsmodell ist das DZ.S die erste Anlaufstelle.
Die Gründungslandkarte Augsburg ist darüber hinaus ganz generell eine super Adresse für alle Gründungsinteressierten. Sie bündelt alle News, Events und weiteren Angebote in der Region und bietet eine klasse Übersicht. Hier wird eigentlich jeder fündig. Ich empfehle allen Interessierten dort zu stöbern, die hier gelisteten Events zu besuchen, sich die Geschichten anderer Gründer:innen anzuhören und sich mit den Leuten dort auszutauschen.
Das monatliche Gründerpicnic und das Großevent „Augsburg gründet!“ im November jeden Jahres bieten zum Beispiel einen guten Einstieg in die Augsburger Szene.
Was ist die deiner Meinung nach die wichtigste Botschaft, die Gründer:innen oder Interessent:innen einmal gehört haben sollten?
Nicht lang schnacken – einfach machen!
Als Gründer:innen braucht ihr kein BWL-Studium und auch keine Ausbildung in wirtschaftlichen Bereich. Seid mutig! Das Einzige was ihr zum Start braucht, ist eine Aufgabe, die euch erfüllt. Der Rest kommt von selbst.
Was für einen gesellschaftlichen Wandel würdest du dir wünschen?
Eine Wertschätzung für die einfachen aber wesentlichen Dinge im Leben.
Und mehr Zeit und Motivation für alle, um zu überlegen, was eigentlich im Leben wichtig ist. Allein das würde schon viel verändern.
Wenn du die Möglichkeit hättest, das nächste große Cover einer weltweit aufgelegten Zeitschrift zu entwerfen, was würdest du drauf machen?
Ein zweigeteiltes Cover mit dem Titel: „choose your option:“
links:
Ölverschmierte, tobende Kinder, die durch braunes Meerwasser voll Plastikmüll tauchen – dahinter, am Strand, vom Smartphone gefesselt, blasse Erwachsene im dunklen Anzug.
rechts:
Viele bunte Erwachsene und Kinder, die mit Hilfe von Datenbrillen vertikale, riesige blühende Gärten in Hochhausschluchten anpflanzen – dahinter, vernetzte Solarbanken, Windparks und bewaldete Hightech-Fabriken.