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"Die Chancen sind riesig"

Wie das Startup KRY das deutsche Gesundheitssystem digitalisieren will

Das Startup KRY bietet ärztliche Videosprechstunden an.
Videosprechstunden per App
Das schwedische Startup KRY hat viel von der Corona Krise profitieren können. Jetzt hat der Anbieter von ärztlichen Videosprechstunden einen weiteren Durchbruch geschafft: Seit Anfang August werden die Kosten der KRY Video-Sprechstunden von allen Krankenkassen in Deutschland übernommen. Ein Blick auf ein Startup, das unsere medizinische Grundversorgung revolutionieren könnte.

Sich wenn man krank ist nicht aus dem Bett und in eine Arztpraxis schleppen müssen, sondern einfach vom eigenen Bett aus einen ärztlichen Rat einholen können? Das Startup KRY arbeitet daran, diese Vision auch in Deutschland wahr zu machen. Mithilfe der App können Patienten eine Video-Sprechstunde mit einem Arzt ausmachen. Dieser kann dann nicht nur eine Diagnose, sondern auch ein Rezept oder eine Krankschreibung ausstellen. „Der digitale Arztbesuch ermöglicht eine Beratung zu zahlreichen unterschiedlichen Erkrankungen, wenn eine physische Untersuchung nicht erforderlich ist. Typische Beschwerden sind Erkältungssymptome, Allergien, aber auch Hauterkrankungen und chronische Krankheitsbilder.“ So Daniel Schneider, General Manager von KRY.

 

Flexibel und ohne Ansteckungs-Risiko

Diese Art der räumlich entfernten Behandlung – auch Telemedizin genannt – kann eine physische Untersuchung nicht in allen Fällen ersetzen, ist aber in vielen Fällen eine Alternative zum Arztbesuch Vor-Ort. Denn sie bietet einige Vorteile: „Während wir das medizinische Niveau einer Vor-Ort-Behandlung sicherstellen, ergeben sich durch die digitale Behandlung zahlreiche Vorteile: Patienten, die Video-Sprechstunden vereinbaren, warten zumeist nur eine Viertelstunde auf einem Termin, nicht Stunden oder Tage. Zudem entfällt der Weg zur Praxis und das Ausharren in vollen Wartezimmern mit entsprechend höherem Infektionsrisiko.“ So Schneider.

Vor allem die Flexibilität dieser Art der Untersuchung sei ein deutlicher Pluspunkt: „Menschen im ländlichen Raum müssen seltener für Arzt-Konsultationen erhebliche Strecken zurücklegen. Telemedizin ermöglicht zudem eine flexible Verteilung von Verfügbarkeiten, wodurch sie sowohl Patienten als auch Ärzten den Alltag vereinfacht. Indem eine Erstdiagnose via App erfolgt, bekommen Patienten schneller Antworten auf ihre Fragen und eine Weiterleitung zum richtigen Facharzt. Patienten, die am Wochenende Rat in den Notaufnahmen der Krankenhäuser suchen, können diesen schneller über ihr Mobiltelefon einholen. Unsere Erfahrung zeigt, dass besonders Familien das Angebot der Video-Sprechstunden sehr dankbar annehmen. Die flexible Terminfindung ist in dem häufig stressigen Alltag der Eltern ein großer Pluspunkt für Video-Sprechstunden.“

 

Deutschland hinkt bei der Digitalisierung hinterher

Das Startup KRY ist 2015 in Schweden gegründet worden und seit 2019 in Deutschland verfügbar. Während die Telemedizin auf dem schwedischen Markt allerdings schon länger etabliert und auch in der Gesellschaft akzeptiert ist, ist sie in Deutschland noch ein relatives Novum. Auch im Vergleich zu Großbritannien hinkt Deutschland hinterher: Die britische Gesundheitsbehörde NHS plant beispielsweise, die Telemedizin bereits in den nächsten fünf Jahren zu einem standardisierten Teil der medizinischen Versorgung zu machen. Eine Hürde, mit der KRY in Deutschland Anfangs zu kämpfen hatte. Doch die Erstattungsfähigkeit der Video-Sprechstunden durch alle Krankenkassen ist in dieser Hinsicht ein bedeutender Sieg.

Vor allem die Corona-Pandemie habe die Entwicklung der Nutzerzahlen stark beeinflusst: „Wir bieten seit Dezember 2019 in Deutschland in Zusammenarbeit mit deutschen Partner-Ärzten Video-Sprechstunden an. Die ersten Monate, in denen wir in Deutschland aktiv sind, sind also stark durch die Corona-Pandemie geprägt, sodass sich diese stark auf die Nutzerzahlen der App ausgewirkt haben. Zur Hochphase der Corona-Pandemie gab es eine stark gewachsene Nachfrage von Patienten. Die Zahl der Video-Termine ist beispielsweise von Februar auf März um mehr als 350 Prozent gestiegen.“

 

Gewinner der Krise?

Die Pandemie trieb die Digitalisierung in vielen Branchen voran, die Gesundheitsbranche bildet insofern keine Ausnahme. Auch die Hemmschwelle für E-Health-Angebote wie das von KRY ist deutlich gesunken. Laut einer Studie von Bitkom kann sich mittlerweile fast die Hälfte aller Befragten eine Nutzung von Video-Sprechstunden vorstellen.

Daniel Schneider sieht Das Startup KRY deshalb zwar als „Gewinner“ der Krise, weißt aber trotzdem auf das große ungenutzte Potential hin, das eine weitere Digitalisierung des Gesundheitssystems ausschöpfen könnte: „Die Corona-Pandemie hat Patienten und Ärzten definitiv die Vorteile von Video-Sprechstunden aufgezeigt. Viele Menschen sind dem Rat offizieller Stellen gefolgt und haben einmal einen digitalen Arztbesuch ausprobiert, um Wartezimmer zu entlasten – auch um sich selbst und andere vor Infektionen zu schützen. Dennoch: Bislang wurden die Vorteile von Telemedizin in Gänze noch nicht ausgeschöpft. In Deutschland steht die Digitalisierung des Gesundheitswesens noch am Anfang, da zentrale Elemente noch nicht geregelt sind. Zum Beispiel das E-Rezept und die Verschreibung von Gesundheits-Apps. Für den Patienten kann hier noch vieles verbessert werden, um eine hürdenlose Nutzung von digitalen Gesundheitsleistungen zu ermöglichen.“

 

Hoffnungsvolle Investoren

Die Idee für das Startup KRY kam dem Gründer Johannes, weil er selbst chronisch erkrankt ist. Die aufwändige Terminabstimmung, langen Wartezeiten und zeitaufwendige Anfahrt ließen ihn nach einer Alternative suchen. Die App soll all das erleichtern und mehr Menschen Zugang zu unkomplizierter und schneller ärztlicher Behandlung ermöglichen. Die Chancen seien riesig, so Schneider: „KRY kann das Gesundheitssystem dort entlasten, wo es entlastet werden kann und sollte. Video-Sprechstunden werden das Behandlungsangebot ergänzen, um das Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen. Unsere Vision ist es, die Möglichkeiten der Digitalisierung für eine bessere und einfachere Gesundheitsversorgung zu nutzen . Dabei steht der Patient immer im Mittelpunkt“.

Den Arztbesuch vor Ort ersetzen will KRY aber nicht. Das Ziel ist eher ein Zusammenspiel von physischer und digitalisierter Behandlung. „Die Praxis vor Ort wird aus unserer Sicht weiterhin eine zentrale Bedeutung behalten. Wir sind uns aber sicher, dass sich telemedizinische Beratungsleistungen in wenigen Jahren als ein selbstverständlicher Baustein des ärztlichen Portfolios etablieren werden. Mit Blick die Zukunft erwarten ein Zusammenspiel aus digitalem und analogem Arztbesuch: Ein Vorgespräch wird beispielsweise digital stattfinden, zum Röntgen geht man zum Arzt und die Nachbesprechung wird wieder digital stattfinden.“ Dass diese Vision gut ankommt, zeigen nicht nur KRY’s wachsende Nutzerzahlen, sondern auch das Interesse von Seiten der Investoren: Erst im Januar sammelte das Unternehmen in einer Finanzierungsrunde 140 Millionen Euro ein.

 

 

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Bildquelle: KRY

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